Seit August 2018 ist es so weit: Das neue Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) ist in Kraft getreten. Das bedeutet für Unternehmer: Neuerungen, Neuerungen, Neuerungen. Die wichtigsten Punkte zum neuen Vergaberecht haben wir kurz und bündig zusammengefasst.
1. Warum gibt’s das neue Vergaberecht?
Die neuen Vergabe-Richtlinien der EU hätten eigentlich schon vor über zwei Jahren umgesetzt werden müssen. Österreich ist also spät dran mit den Änderungen: Das hat uns bereits eine Klage des Europäischen Gerichtshofs eingebrockt. Ab Urteilsverkündung hätte uns dies Strafzahlungen von satten € 137.726 pro Tag gekostet!
Wir kommen aber mit einem blauen Auge davon: Der Termin für das BVergG 2018 fiel mit dem Ende der EU-Frist zusammen.
Das neue Bundesvergabegesetz 2018, kurz BVergG 2018, wurde laut der österreichischen Regierung vereinfacht, flexibilisiert und modernisiert und ist 324 Seiten stark.
2. Erneuerungen der Ausnahmen vom BVergG
Viele Ausnahmen bleiben unverändert – etwa die Immobilienbeschaffung, die geheime Beschaffung oder das Exklusivrecht zwischen öffentlichen Auftraggebern. Der Katalog wurde aber ungemein erweitert.
Neue Ausnahmen gibt es etwa für
⭙ Rechtsanwalts– und Notardienstleistungen (Z 9)
⭙ Kredit– und Darlehensaufnahmen (Z 15)
⭙ Katastrophen– oder Zivilschutz und Gefahrenabwehr von nicht gewinnorientierten Organisationen (Z 17) (normale Krankentransporte fallen nicht in diese Kategorie!)
⭙ Aufträge über nicht-wirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (Z 18), wie etwa gesetzliche Sozialversicherung oder Unterrichtsbereich
⭙ Unwesentliche Vertragsveränderung während der Laufzeit
Gut zu wissen: Im Gegenzug dürfen wesentliche Vertragsänderungen nur in Zusammenhang mit einem neuen Vergabeverfahren vollzogen werden.
Besonders wichtig sind die neuen Ausnahmen zu konzerninterner Vergabe (In-House) und der Kooperation öffentlicher Auftraggeber (Kooperation bedeutet, dass mit der Dienstleistung gemeinsame Ziele aller Beteiligten erfüllt werden).
3. Neue Grundsätze des Vergabeverfahrens und des Verhandlungsverfahrens
Die neuen Grundsätze des Vergabeverfahrens sind überschaubar:
1. Bei der Vergabe muss auf den Tierschutz geachtet werden.
2. Vergabeverfahren müssen KMU-freundlich konzipiert und durchgeführt werden
3. Die künstliche Einschränkung des Wettbewerbs über die Ausschreibung ist verboten.
Auftraggeber sind beim Verhandlungsverfahren dazu verpflichtet, ihre nicht verhandelbaren Mindestanforderungen anzugeben.
Die Mindestfrist für Teilnahmeanträge und Erstangebote liegt bei 25 Tagen, ein schriftliches Angebot darf anschließend nur von eingeladenen Unternehmen kommen. Zudem sind Auftraggeber dazu verpflichtet, den Teilnehmern ein „last + final offer“ zukommen zu lassen!
Was bleibt unverändert beim Vergabeverfahren?
⭙ Offenes/nicht offenes Verfahren
⭙ Wettbewerblicher Dialog
⭙ Wettbewerb
⭙ Direktvergabe sowie Direktvergabe mit vorheriger Bekanntgabe
4. Digitalisierung der Ausschreibungen: Die e-Vergabe
Bis Oktober 2018 ist lediglich die zentrale Beschaffungsstelle (zBSt) zur e-Vergabe verpflichtet. Ab 18.10.2018 müssen dann alle Auftraggeber im Oberschwellenbereich ihre Ausschreibungen elektronisch durchführen. Anzugeben sind dabei:
- Internetadresse
- Vergabeplattform
- Kommunikationsformate bzw. -mittel
Hier sind einige Grundsätze des BVergG 2018 zu beachten. Etwa, dass Kommunikations- formate allgemein verfügbar sein müssen und nicht-diskriminierend sein dürfen. Minder wichtige Informationen dürfen zwar mündlich ausgetauscht werden, müssen aber dokumentiert werden!
Ab sofort müssen Ausschreibungsunterlagen bereits ab Beginn des Vergabeverfahrens elektronisch verfügbar gemacht werden. (§§ 89 + 260)
Der Auftraggeber muss den Unternehmern mitteilen, unter welcher Internetadresse die freien Unterlagen verfügbar sind. Diese müssen kostenlos, direkt, uneingeschränkt und vollständig bis zum Ablauf der Bewerbungs- und Angebotsfrist verfügbar sein.
Eine Ausnahme hierzu bilden etwa besonders vertrauliche Informationen.
5. Im ganzen Land bekannt: Neue Fristen für Bekanntmachungen und Bekanntgaben
Wichtig zu wissen: Zunächst werden Ausschreibungen über Bekanntmachungen veröffentlicht. Dann erst folgt die Bekanntgabe weiterer Informationen. Für beides gibt’s im BVergG 2018 neue Fristen.
Wichtiger Stichtag: 1. März 2019
Ab diesem Termin sind Bekanntmachungen in Österreich ausschließlich über das OGD-Modell zu machen. Bis dahin dient OGD als Zusatz zu den bisherigen Kanälen – also diversen Publikationsmedien.
Eine Übersicht zu den Plattformen für öffentliche Ausschreibungen bietet die WKO.
Auch Bekanntgaben im Oberschwellenbereich und für den Bund (nicht Länder!) im Unterschwellenbereich (ab Vergaben über € 50.000) sind ab diesem Tag über das OGD abzuwickeln.
OGD steht für Open Government Data. Hier werden Datenbestände ohne Einschränkung zur freien Nutzung angeboten. Ausschreibungen über das OGD bringen vor allem Transparenz – jeder hat jederzeit die Möglichkeit zur Einsichtnahme. Wer erhält welchen Auftrag? Wie ist das aktuelle Preisverhalten?
Für Unternehmer gibt es die Möglichkeit, sich automatisierte Informationen via Abo zusenden zu lassen. Dieser Aboservice ist entgeltlich und findet Aufträge auf Basis von Region und Arbeitsbereich.
Fristen werden verkürzt
Im neuen Bundesvergabegesetz 2018 sind die Mindestfristen kürzer als zuvor – dafür sind Auftraggeber nun verpflichtet, von Beginn an alle für die Vergabe relevanten Informationen offenzulegen.
Im Oberschwellenbreich sind die neuen Mindestfristen für die Vergabeverfahren:
⭙ Offenes Verfahren: 30 Tage
⭙ Nicht offenes Verfahren: 25 Tage
⭙ Nicht zentrale öffentliche Auftraggeber und Sektorenbereiche: 10 Tage oder einvernehmliche Einigung auf einen Termin mit den Teilnehmern
Scheuen Sie sich nicht davor, zu kurz bemessene Fristen sofort anzusprechen! Oft ist der Hinweis auf die Unverhältnismäßigkeit von Frist und Auftragsgröße beim Auftraggeber selbst ausreichend. Sollte Ihr Einwand auf taube Ohren stoßen, ist der Fall der Vergabekontrollbehörde zu melden.
6. Ausschluss: Wann Sie als Unternehmer aus dem Rennen fallen
Das BVergG 2018 listet auch neue Ausschlussgründe von Bietern und Auftraggebern im Vergabeverfahren. § 249 des BVergG 2018 stellt dazu einen ausführlichen Katalog.
Allen voran ist der Ausschluss von Unternehmern aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung (in bestimmten Bereichen). Hat der Auftraggeber einen solchen Unternehmer bereits beauftragt, muss das Verfahren wieder beendet werden!
Weitere wichtige Ausschlussgründe sind:
❌ „Hinreichend plausible Anhaltspunkte für wettbewerbswidriges Verhalten“
❌ Interessenskonflikte
❌ Erhebliche und dauerhafte Mängel, die schon in früheren Aufträgen zu Schadensersatz geführt haben
Eine ausführliche Übersicht zu den Neuerungen des Bundesvergaberechts bietet außerdem die Parlamentsseite der Republik Österreich.
Vergaberecht für die Praxis
Verfahrensarten / Erstellung von Ausschreibungen und Angeboten / Rechtsschutz
Informieren Sie sich daher im topaktuellen Handbuch Vergaberecht für die Praxis, wie Sie diese Möglichkeiten für Ihre Projekte nutzen und die neuen Regelungen des BVergG 2018 rechtssicher anwenden können.
Unser Leithammel-Tipp: Nutzen Sie als Auftragnehmer die Vorteile des neuen BVergG 2018 – mehr Transparenz, mehr Information von Beginn an, alle Ausschreibungen auf einen Klick (OGD) und schnellere Vergabeverfahren!