7 Fragen an eine Juristin (Teil 2): Rechtssicheres Verhalten bei Stellenausschreibung und Bewerbungsgespräch
Was muss in der Stellenausschreibung enthalten sein? Welche Fragen darf ich im Bewerbungsgespräch nicht stellen? Was, wenn ich eine verbindliche Zusage wieder zurücknehmen möchte? Mag. Geraldine Langer, Unternehmensberaterin, Juristin und Mediatorin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht, verrät im Interview, was Geschäftsführer im Bewerbungsverfahren beachten sollten.
1. Was muss in einer Stellenausschreibung enthalten sein?
Es gibt bestimmte gesetzliche Vorgaben für Stellenausschreibungen. Angegeben werden muss etwa das kollektivvertragliche Mindestentgelt – der bloße Hinweis auf den Kollektivvertrag ist zu wenig!
Wenn man dazu bereit ist, Überzahlungen zu leisten, sollte dies grundsätzlich erwähnt werden. Außerdem muss das Inserat geschlechtsneutral formuliert werden.
Das Stelleninserat – was sollte noch drin sein?
✓ genaue Jobbezeichnung
✓ Name des Unternehmens
✓ Dienstort
✓ Dienstbeginn
✓ Kontakt & Bewerbungsform (schriftlich, per Mail, Formular)
2. Was sollten Unternehmer noch beachten, wenn es um Stelleninserate geht?
Grundsätzlich ist das Einhalten des Gleichbehandlungsgesetzes sehr wichtig, nämlich mit der Berücksichtigung konkreter Diskriminierungsverbote. Das heißt: Ich darf in einer Stellenausschreibung nicht aufgrund von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, ethnischer Zugehörigkeit, Religion sowie Behinderung diskriminieren.
Das sind die Tatbestände im Gleichbehandlungsgesetz bzw. im Behinderteneinstellungsgesetz.
Selbstverständlich sind jedoch beispielsweise Schutzbestimmungen für Jugendliche einzuhalten, wonach diese in gewissen Tätigkeitsfeldern noch nicht beschäftigt werden dürfen. Etwa dort, wo ein bestimmtes Mindestalter Voraussetzung ist.
Diskriminieren dürfen ansonsten nur sogenannte Tendenzbetriebe, etwa Kirchen, bei denen es um sachliche Rechtfertigungen geht. Hier sieht man die Religion natürlich als Voraussetzung für die Besetzung eines kirchennahen Amtes.
3. Das Bewerbungsgespräch: Welche Informationen dürfen Arbeitgeber nicht erfragen?
Es gibt Grenzen des Fragerechts bezogen auf weltanschauliche und religiöse Überzeugung, sexueller Orientierung, Schwangerschaft und Familienplanung. Solche Bereiche müssen vor dem möglichen zukünftigen Arbeitgeber nicht offen gelegt werden!
Bewerber dürfen in solchen Fällen lügen – und diese Lüge darf in weiterer Folge nicht gegen sie verwendet werden.
Grundsätzlich geht es um die Wahrung der Privats- und Intimsphäre von Bewerbern. Dazu gehören auch Fragen nach dem Gesundheitszustand oder nach Behinderung. Ausnahme besteht wohl bei ansteckenden Krankheiten, wenn durch die konkrete Tätigkeit Gefahr für Leben und Gesundheit anderer im Betrieb beschäftigter Personen oder Dritter besteht.
Solche Fragen sind nur mit einer sachlichen Rechtfertigung gestattet!
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4. Welche Themen sind unbedenklich im Bewerbungsgespräch?
Zulässig sind sämtliche Fragen hinsichtlich Beruf, Ausbildungen oder Interessen, die vielleicht auch für den Job relevant sein könnten. Sie können sich auch nach besonderen Soft Skills oder Begabungen, die vielleicht ein Thema sein könnten, erkundigen.
Kurz: Alles, was mit dem Beruf zu tun hat, darf im Bewerbungsgespräch vorkommen.
5. Wann darf ich einen Strafregisterauszug verlangen?
Fragen nach Vorstrafen sind ebenso nur eingeschränkt zulässig. Es geht um berechtigte, schwerwiegende Bedenken aufgrund vergangener Delikte, die man als Arbeitgeber hinsichtlich der korrekten Erfüllung der Arbeitspflicht hat.
Als Beispiel wäre hier eine begangene Unterschlagung zu nennen, wenn es um den Job eines Bankkassierers geht. Wenn es also um berufliche Tätigkeiten geht, bei denen jemand die Verwaltung und Verantwortung über Geld hat, besteht die Basis für eine sachliche Rechtfertigung.
6. Dem Bewerber wurde der Job sehr sicher in Aussicht gestellt, er erhält aber überraschenderweise eine Absage. Was sind die Pflichten und Rechte beider Seiten?
Hier geht es um Interessenwahrungspflichten und schuldhafte Verletzung von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Daraus kann ein sogenannter Vertrauensschaden entstehen.
Wenn beide Vertragsparteien auf das rechtmäßige Zustandekommen des Vertrags berechtigt vertrauen und einer der beiden dann zurücktritt, erleidet die andere Partei dadurch möglicherweise einen Schaden. Dieser kann als Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend gemacht werden.
7. Wie könnte so ein Fall in der Praxis aussehen?
In der Praxis könnte das so aussehen, dass ein Bewerber eine Jobzusage bekommt und seinem alten Arbeitgeber daraufhin absagt. Er beendet also sein altes Arbeitsverhältnis und hätte damit, wenn der neue Job dann plötzlich doch nichts wird, einen Verdienstentgang.
Im umgekehrten Fall, wenn der neue Mitarbeiter den Job trotz Zusage doch nicht antritt, dann muss der Arbeitgeber eventuell nochmals Inserate schalten, vielleicht sogar einen Headhunter beauftragen.
Es ist daher empfehlenswert, einen Probemonat zu vereinbaren und das Arbeitsverhältnis entsprechend miteinander zu beginnen. Während dieser Probezeit können beide Seiten ohne Angabe von Gründen problemlos die Zusammenarbeit wieder beenden.
Sie ist als Lehrgangsleiterin und Trainerin für Arbeitsrecht sowie als Trainerin für die Lehrlingsausbilderbefähigung tätig. Unter anderem hält sie Fachseminare für dieWeiterbilder.