Wir erklären, wann Sie einem Lehrling nach Ende der Probezeit kündigen dürfen, welche Arten der Auflösung es gibt und was Sie beachten sollten.

Beendigung des Lehrverhältnisses nach der Probezeit – das sollten Arbeitgeber wissen

Enes Seljubac / 21. Januar 2019

Kündigungen auszusprechen ist eine heikle Angelegenheit – besonders schwierig ist dies bei Lehrlingen, die unter den Bestandsschutz fallen. Die Beendigung des Lehrverhältnisses ist daher oft kompliziert bis unmöglich. Wir erklären, wann und wie Sie einem Lehrling nach Ablauf der Probezeit dennoch kündigen dürfen.

Arbeitgeber können ein Lehrverhältnis unter den folgenden Bedingungen beenden:

✓ Einvernehmliche Beendigung bzw. Kündigung nach der Probezeit
✓ Vorzeitige einseitige Auflösung während der Probezeit (beiderseitig möglich)
✓ Entlassung durch den Lehrberechtigten
✓ Vorzeitige Auflösung gemäß § 15a BAG

Achtung! Jede Auflösung muss schriftlich erfolgen und von beiden Parteien unterzeichnet werden. Außerdem benötigen Minderjährige die Zustimmung beider Eltern oder ihres gesetzlichen Vertreters.

Die Schriftform orientiert sich dabei an einem ordentlichen Kündigungsschreiben.

Lehrberechtigte müssen die vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses der Lehrlingsstelle spätestens innerhalb von vier Wochen anzeigen!

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Die einvernehmliche Kündigung des Lehrverhältnisses nach der Probezeit

Hierbei müssen sich beide Parteien einigen, das Lehrverhältnis zu einem bestimmten Beendigungsstichtag vorzeitig zu beenden.

Für eine solche Beendigung brauchen Arbeitgeber eine gerichtliche Amtsbestätigung bzw. eine Kammerbescheinigung. Aus dieser muss hervorgehen, dass der Arbeitgeber den Lehrling über die Bestimmungen der vorzeitigen Auflösung aufgeklärt hat.

Auch hier gilt: Die Beendigung hat schriftlich und bei Minderjährigen im Einverständnis mit den Eltern zu erfolgen.

Leithammel-Tipp: Der Lehrling schwänzt öfter oder kommt häufig zu spät? Besprechen Sie gemeinsam, woran dies liegt – möglicherweise war die Wahl des Lehrberufes eine Fehlentscheidung.

Vor allem in solchen Fällen bieten sich einvernehmliche Auflösungen an.

Vorzeitige einseitige Auflösung während der Probezeit

Die Probezeit für Lehrlinge beträgt drei Monate und ist gesetzlich vorgeschrieben.

Sollte gleichzeitig eine lehrgangsmäßige Berufsschule besucht werden, gelten die ersten sechs Wochen der Ausbildung im Betrieb als Probezeit.

Während der Probezeit können beide Parteien das Lehrverhältnis jederzeit und ohne Angabe von Gründen schriftlich beenden. Minderjährige benötigen die Zustimmung beider Elternteile.

Achtung! Eine Kündigung aus verpöntem Motiv ist im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes anfechtbar! Mehr dazu hier.

Nach der Probezeit gilt der besondere Bestandsschutz!

Entlassung durch den Lehrberechtigten

Aufgrund des besonderen Bestandsschutzes sind Lehrlinge nicht jederzeit kündbar. Folgende Gründe berechtigen den Arbeitgeber jedoch zur Entlassung des Lehrlings:

Diebstahl, Veruntreuung oder sonstige strafbare Handlungen

Haftstrafen von mehr als einem Monat, ausgenommen Untersuchungshaft

tätliche oder wörtliche Beleidigungen oder Bedrohungen

Versuch, die Betriebsangehörigen zu gesetzeswidrigen, unsittlichen oder betriebsschädigenden Handlungen zu verleiten

Verletzung der Lehrpflichten trotz wiederholter Ermahnungen

Weitergabe von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen

Arbeiten im Bereich des Lehrberufs für Dritte

Lehrling wird dauerhaft unfähig, den Lehrberuf zu erlernen (etwa durch Unfall)

Die Entlassungsgründe sind gesetzlich vorgegeben; somit sind Einzelvereinbarungen im Lehrvertrag unzulässig!

Hinzu kommt, dass einige Lehrlinge noch schwerer zu entlassen sind; dies betrifft unter anderem jene, die im Betriebsrat oder Jugendvertrauensrat tätig sind.

Mehr zu den einzelnen Entlassungsgründen finden Sie hier: § 15 Abs. 3 lit a BAG.

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Kündigung des Lehrverhältnisses: Vorzeitige Auflösung

Gemäß § 15a BAG können Lehrberechtigte und Lehrlinge zum letzten Tag des 12. Monats eine Kündigung aussprechen. Lehrverhältnisse, die eine drei-, dreieinhalb- oder vierjährige Ausbildungsdauer aufweisen, können zum letzten Tag des 24. Monats aufgelöst werden.

Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Zwar dürfen Sie die Kündigung ohne Angabe von Gründen aussprechen, jedoch müssen Sie ein Mediationsverfahren durchführen.

Diese Mediation müssen Sie auf Ihre Kosten durchführen und gemeinsam mit dem Lehrling vor Ablauf des elften bzw. 23. Lehrmonats beenden.

Die Kündigung hat schriftlich und nachweislich zu erfolgen. Gegebenenfalls müssen Sie Eltern und Betriebsrat sowie Jugendvertrauensrat informieren.

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Checkliste: Diese Schritte müssen Sie bei der Kündigung des Lehrlings befolgen

✓ Kündigung fristgerecht und schriftlich aussprechen
✓ Eltern, Betriebsrat und Jugendvertrauensrat informieren
✓ Lehrlingsstelle unverzüglich verständigen
✓ AMS innerhalb von 14 Tagen verständigen
✓ Mediationsverfahren ankündigen und fristgerecht durchführen

Behaltepflicht

Lehrberechtigte müssen den Lehrling nach erfolgreich abgelegter Lehrabschlussprüfung noch drei Monate im Betrieb beschäftigen. Diese Behaltepflicht ist unabdingbar!

Hierzu wird ein neues Dienstverhältnis begründet. Dieses können beide Parteien mittels einvernehmlicher Beendigung auflösen.

Achtung! Stillschweigend weiterlaufende Beschäftigungen schaffen automatisch ein unbefristetes Dienstverhältnis.

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