Altersteilzeit, DSGVO & 12-Stunden-Tag: Diese Neuerungen im Arbeitsrecht erwarten Sie 2019
Auch 2019 kommen wieder gesetzliche Neuerungen in Österreich auf uns zu. Mag. Branco Jungwirth, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht, erzählt vom Freiwilligkeitsvorbehalt in der 12-Stunden-Tag-Regelung, den Neuerungen in der Altersteilzeit und einem maßgebenden Urteil der Datenschutzkommission.
Die Leistung einer elften und zwölften Stunde soll, laut Gesetzestext, freiwillig sein.
Wie sieht die Regelung dieses „Freiwilligkeitsvorbehalts“ aus?
Mag. Branco Jungwirth: In der letzten Ausgabe haben wir bereits darüber gesprochen, dass mit der neuen Regelung ein Arbeitsausmaß von 12 Stunden täglich bzw. 60 Stunden wöchentlich möglich wurde. Dies betrifft die höchstzulässigen Arbeitszeiten, ändert jedoch selbstverständlich nichts daran, dass Überstunden oder Mehrstunden bezahlt werden müssen.
Mehr zum 12-Stunden-Tag hier.
Ganz wichtig, und dieses Thema wurde auch in den Medien sehr stark diskutiert, ist der Freiwilligkeitsvorbehalt der Mitarbeiter: Die elfte und zwölfte Stunde muss nur dann geleistet werden, wenn der Mitarbeiter damit einverstanden ist und keine persönlichen Gründe dagegen sprechen.
Der Mitarbeiter hat, was die Leistung einer elften bzw. zwölften Arbeitsstunde betrifft, ein Ablehnungsrecht!
Verweigert der Mitarbeiter den 12-Stunden-Tag auf Basis seines Ablehnungsrechtes, dürfen ihm deshalb keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen.
Man hört immer öfter von Fällen, in denen Mitarbeitern, die die Leistung der elften und zwölften Stunde ablehnten, gekündigt wurde.
Was sagt das Gesetz dazu?
In den Medien sind in letzter Zeit ein bis zwei prominente Fälle aufgetaucht, in denen man Mitarbeitern, die sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt berufen hatten, gekündigt hat. Vor allem der Fall einer Wiener Köchin, der Ende Oktober bekannt wurde, sorgte für Aufsehen.
Eine Kündigung als Reaktion auf die Geltendmachung eines berechtigten Anspruchs aus dem Dienstverhältnis ist, laut Gesetzestext, ausdrücklich verpönt.
Darunter fällt auch der Freiwilligkeitsvorbehalt! Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, dies gerichtlich anzufechten.
Der Graubereich liegt vor allem darin, dass das Faktische der Arbeitswelt oft viel stärker als der individuelle Wunsch der Arbeitnehmer ist.
Auch, wenn Konsequenzen nicht konkret angedroht werden – der Mitarbeiter kann diese befürchten. Man spricht in diesen Fällen von „verdünnter Willensfreiheit“.
Was können Arbeitgeber tun, um hier korrekt zu agieren?
Wenn Sie als Arbeitgeber wirklich alles richtig machen möchten, nehmen Sie den Freiwilligkeitsvorbehalt ernst. Protokollieren Sie, dass der Mitarbeiter freiwillig zugestimmt hat und immer die Möglichkeit gehabt hätte, „Nein“ zu sagen!
Ansonsten laufen Arbeitgeber Gefahr, dass Mitarbeiter sich bei Kündigungen auf abgelehnte 12-Stunden-Tage berufen – auch, wenn die Gründe woanders lagen.
Viele Arbeitnehmer befürchten, bei Beförderungen, Boni etc. übersehen zu werden, wenn sie nur „normal“ weiterarbeiten.
Ist dies gerechtfertigt?
Der Freiwilligkeitsvorbehalt darf den Arbeitnehmern keinen Nachteil einbringen. Haben wir nun zwei Mitarbeiter, von denen nur einer regelmäßig eine elfte und zwölfte Stunde leistet und schließlich befördert wird, könnte man darüber nachdenken, ob dies eventuell zusammenhängt.
Leider ist der 12-Stunden-Tag im AZG legistisch sehr schlecht formuliert – die Beweisproblematik, die entstehen kann, ist hier exorbitant.
Denn: Wie beweise ich als Dienstnehmer, dass der Grund der Nicht-Beförderung die Ablehnung von elfter und zwölfter Arbeitsstunde war?
Gerichte werden sich, aufgrund der fehlenden konkreten gesetzlichen Definition, zukünftig sehr stark mit der Beweiswürdigung beschäftigen müssen.
Hätte man das Gesetz Ihrer Meinung nach konkreter definieren können?
Auf jeden Fall; darum werden auch andere Gesetze normalerweise monatelang begutachtet. Man hätte sicherlich noch Regularien einziehen können, die die besprochenen Punkte klarer machen.
Ad DSGVO: Was müssen Arbeitgeber bei der Speicherung von Bewerberdaten beachten?
Es gibt jetzt eine ganz wichtige Entscheidung der Datenschutzkommission bezogen auf die Speicherung von Bewerberdaten. Aufgrund der Datenschutzgrundverordnung darf ich Daten nämlich nur so lange speichern, wie es unbedingt notwendig ist.
Bezüglich der Daten abgelehnter Bewerber stellt sich natürlich die Frage: Wie lange darf ich diese aufbewahren? Gerechtfertigt ist dies immer so lange, so lange ich einen möglichen Anspruch, den ein Bewerber gegen mich geltend machen könnte, abwehren können muss.
In diesem Fall hat die Datenschutzkommission nun deklariert: Die letzte Frist endet, aus dem Gleichbehandlungsrecht heraus, nach sechs Monaten. Dazu wurde ein Monat postlaufend addiert, für etwaige Klagen.
Somit sind sieben Monate für die Aufbewahrung von Bewerberdaten jedenfalls gerechtfertigt.
Es kann natürlich Konstellationen geben, in denen eine längere Frist gerechtfertigt ist. Für die Personaler ist jedoch wichtig: Sieben Monate sind, abgesichert durch die Entscheidung der Datenschutzkommission, gefahrlos.
Welche Änderungen kommen bezüglich der Altersteilzeit auf uns zu?
Die bisherige Regelung sah vor, dass man fünf Jahre Altersteilzeit sieben Jahre vor Erreichen des Pensionsalters in Anspruch nehmen konnte. Damit konnten Frauen durchschnittlich mit 53 Jahren und Männer mit 58 Jahren in Altersteilzeit gehen, also jeweils sieben Jahre vor dem Regelpensionsalter.
Ab 01.01.2019 ändern sich diese Daten: 2019 darf man nur noch sechs Jahre vor dem Regelpensionsalter stehen, ab 2020 nur noch fünf. Das heißt, der Zeitraum, in dem ich Altersteilzeit in Anspruch nehmen kann, wird bis zum Jahr 2020 um zwei Jahre verringert.
Ein 1961 geborener Mann kann erst zwei Jahre später, mit 60 Jahre in Altersteilzeit gehen, denn ab 2019 ist er erst mit 59 Jahren berechtigt, diese in Anspruch zu nehmen. Ein 1962 geborener Mann kann seine Altersteilzeit schließlich erst mit 60 Jahren antreten.
Welche Vorteile oder Nachteile ergeben sich dadurch?
Oft wurde die Altersteilzeit, sieben Jahre vor dem Pensionsantritt, in Anspruch genommen: Somit hatte man dann noch zwei Jahre zum Regelpensionsalter zu überbrücken.
Für Personen, die eine Korridorpension in Anspruch nehmen möchten, ist diese gesetzliche Änderung wiederum nachteilig.
Unter gewissen Voraussetzungen kann man zwei Jahre früher, durchschnittlich mit 63 Jahren, die Pension in Anspruch nehmen, muss dadurch aber Pensionseinbußen von ungefähr 2 Prozent im Jahr in Kauf nehmen. Das heißt, es handelt sich hier um eine Art vorzeitige Alterspension unter Vorliegen diverser Voraussetzungen und verbunden mit gewissen Abschlägen. Unter dem Gesichtspunkt der jetzigen Judikatur könnte ich somit die Altersteilzeit nur drei Jahre lange in Anspruch nehmen und anschließend in Korridorpension gehen. Somit wurde das Einschleifen in die Pension von sieben auf fünf Jahre verkürzt.Was versteht man unter Korridorpension?
Nach einer erfolgreichen Laufbahn als Kongressmanager absolvierte Mag. Branco Jungwirth das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Von 2006 bis Ende 2010 war er bei der Rechtsanwaltskanzlei Grießer Gerlach Gahleitner als Rechtsanwaltsanwärter beschäftigt und von Anfang 2011 bis Ende 2017 war er Partner bei der Kanzlei Gerlach Rechtsanwälte GesbR. Anfang 2018 gründete er die Rechtsanwaltskanzlei Branco Jungwirth. Für dieWeiterbilder hält er regelmäßig Seminare zum Thema Arbeitsrecht. Sein Schwerpunkt liegt im Arbeitsrecht, wobei er sowohl die Interessen von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern vertritt.