12-Stunden-Tag & Kündigungsfristen: Diese Neuerungen im Arbeitsrecht erwarten Sie 2018
Mag. Branco Jungwirth, Gründer der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Branco Jungwirth, verrät im Interview, welche Neuerungen 2018 auf Sie zukommen. Von 12-Stunden-Tagen und angepassten Kündigungsfristen: Das sollten Sie über das Arbeitsrecht in Österreich wissen.
Welche Bereiche im Arbeitsrecht wurden denn grundsätzlich erneuert?
Die wichtigsten Neuerungen stehen in Zusammenhang mit dem Arbeitszeitgesetz und dem Arbeitsruhegesetz. Die prominenteste Änderung, die nächste Woche in Kraft tritt, ist die Ausweitung der täglichen und wöchentlichen Arbeitshöchstzeit von 10 Stunden auf 12 Stunden täglich und von 50 Stunden wöchentlich auf 60 Stunden wöchentlich.
Wie äußert sich das konkret im Arbeitsalltag?
Die zulässige Höchstarbeitszeit beträgt dann zukünftig 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche. Das ist eine sehr weitgehende Erneuerung, die auch politisch sehr umstritten ist.
Die Regelung hat gewisse Einschränkungen – einerseits, dass die elfte und zwölfte Stunde nur geleistet werden muss, wenn der Mitarbeiter zustimmt. Wenn dieser ein begründetes Interesse hat, weshalb er die Zusatzstunden nicht leisten möchte, dann kann er diese ablehnen!
Beim 12-Stunden-Tag ist deshalb sozusagen ein Freiwilligkeitsvorbehalt im Gesetz vorgesehen.
Andererseits gibt es die Einschränkung, dass in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden in der Woche nicht überschreiten darf.
Wenn ich z.B. den Zeitraum von 17 Wochen hernehme, kann ich fünf bis sechs mal 60 Stunden pro Woche arbeiten.
Ab dann muss wieder auf 38,5 bzw. 40 Stunden pro Woche reduziert werden, da man den Durchschnitt von 48 Stunden pro Woche nicht überschreiten darf.
Inwiefern betrifft das dann Überstunden bzw. Sonderüberstunden?
Das eine ist eine verwaltungsrechtliche Zulassung der Höchstarbeitszeit, das andere sind arbeitsrechtliche und kollektivvertragliche Zuschläge, die dadurch nicht berührt werden.
Sobald die Normalarbeitszeit überschritten wird, bestehen die kollektivvertraglichen bzw. gesetzlichen Zuschläge.
Wie sieht es mit den Angleichungen bei Arbeitern und Angestellten aus?
Einerseits werden ab 01. Jänner 2021 die Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten, bis auf ein paar Ausnahmen im Gastgewerbe und den Saisonbetrieben, angeglichen. Hier werden die Arbeiter den Angestellten gleichgestellt.
Informationen zu den derzeit gültigen Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte finden Sie in unserem Blog-Beitrag Die 3 Phasen der Kündigung, an die sich Unternehmer unbedingt halten sollten.
Darüber hinaus – das ist wahrscheinlich die noch weitgehendere Änderung – ist seit 1. Juli 2018 die Entgeltfortzahlung (EFZG) im Krankheitsfall bei Arbeitern und Angestellten gleichgestellt; wobei die Angestellten eher den Arbeitern angeglichen wurden, als umgekehrt.
Dienstjahr | Anspruch bei Krankheit/Freizeitunfall pro Arbeitsjahr | Anspruch bei Arbeitsunfall/ Berufskrankheit pro Anlass Fall |
1. | 6 Wochen voll + 4 Wochen halb | 8 Wochen |
2. – 15. | 8 Wochen voll + 4 Wochen halb | 8 Wochen |
16. – 25. | 10 Wochen voll + 4 Wochen halb | 10 Wochen |
ab 26. | 12 Wochen voll + 4 Wochen halb | 12 Wochen |
Abschließend: Welche neuen Möglichkeiten gibt es für Arbeitgeber, Mitarbeiter nach langen Krankenständen wieder einzugliedern?
Eine relativ neue Alternative zur Kündigung ist es, mit Mitarbeitern, die länger krank waren, die seit 1. Juli 2017 geltende Wiedereingliederungsteilzeit zu vereinbaren. Dabei handelt es sich um eine Arbeitszeitreduktion, die den Wiedereinstieg in den Berufsalltag erleichtern soll.
Das bedeutet, dass der Mitarbeiter, der länger im Krankenstand war, die Möglichkeit hat, bei Lohnausgleich seine Arbeit zu verkürzen. Er bekommt dann zur Abdeckung des Einkommensverlustes sogenanntes Wiedereingliederungsgeld von der Krankenkasse. Das Gesetz wird immer mehr von Arbeitnehmern und Arbeitgebern angewandt und ist sozusagen der Soft-Einstieg nach längerer Krankenstand-Dauer. Von 2006 bis Ende 2010 war er bei der Rechtsanwaltskanzlei Grießer Gerlach Gahleitner als Rechtsanwaltsanwärter beschäftigt und von Anfang 2011 bis Ende 2017 war er Partner bei der Kanzlei Gerlach Rechtsanwälte GesbR. Anfang 2018 gründete er die Rechtsanwaltskanzlei Branco Jungwirth. Für dieWeiterbilder hält er regelmäßig Seminare zum Thema Arbeitsrecht. Sein Schwerpunkt liegt im Arbeitsrecht, wobei er sowohl die Interessen von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern vertritt.