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Vom Mitarbeiter zum Vorgesetzten – Tipps für neue Führungskräfte

Enes Seljubac / 2. Oktober 2018

Plötzlich nicht mehr nur Kollege, sondern ein Vorgesetzter zu sein kann in den ersten Wochen überwältigen. Welche Anfängerfehler Sie vermeiden sollten und welche wichtigen Faktoren Sie in Ihrer neuen Rolle noch beachten sollten, verrät Führungskräftetrainerin Susanna Weilke.

Aller Anfang ist schwer: Welche typischen Fehler machen neue Führungskräfte Ihrer Erfahrung nach häufig?

Ich habe als Trainerin sehr häufig mit Teams in schwierigen Situationen zu tun, die primär von Führungskräften verursacht werden.

Darunter fällt etwa, dass diese alles umstrukturieren wollen. Sie konfrontieren ihre Mitarbeitenden dadurch mit der subtilen Kritik an dem, was diese zuvor gemacht haben.

Hier fehlt es dann an der nötigen Wertschätzung der Dinge, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind.

Das andere Extrem findet sich häufig bei Mitarbeitenden, die aus der Kollegenrolle in die Führungsrolle wechseln. Viele wollen es ihren ehemaligen Kollegen gerne recht machen. Die Führungsrolle und das unternehmerische Denken bleiben dabei oft auf der Strecke!

Welchen Praxistipp gibst du neuen Führungskräften, die vom ehemaligen Kollegen plötzlich zum Vorgesetzten werden?

Ich rate gern zur „simulierten Unwissenheit“: So tun, als ob man nichts weiß (weil man ja in letzter Zeit auch sehr mit dem eigenen Fachbereich beschäftigt war) und sich von den Mitarbeitenden – im Team und in Einzelbesprechungen – die Lage erklären lassen.

vom Mitarbeiter zur Führungskraft, Führungskraft, Seminar, Führungsstile, Kollegen, Vorgesetzten, Autorität, Holokratie, MitarbeitergesprächeHier können frische Führungskräfte sehr viel zwischen den Zeilen herauslesen: Die Mitarbeitende können ihr Herz ausschütten und sich öffnen.

Man hört ihre Meinungen und Werthaltungen heraus – wenn das Gesprächsklima offen genug ist, erhält man auch Feedback oder erfährt, was sich die Belegschaft wünscht.

Wichtig dabei ist: Nicht extra dumm stellen!

Man kann die „simulierte Unwissenheit“ locker ins Gespräch einbauen, indem man etwa sagt:

Ich weiß eigentlich viel zu wenig, was Sie genau machen. Auch, wenn wir Kollegen waren – worum geht es in Ihrem Bereich? Was ist besonders wichtig, worauf muss man achten – und was wären Ihre Wünsche? Wie könnte man den Bereich weiterentwickeln?

Ein weiterer Praxistipp: Stimmen Sie sich mit Ihrem Vorgesetzten ab! Welche Erwartungshaltungen gibt es?

Erste Schritte: Welche Möglichkeiten gibt es für neue Vorgesetzte, ihren eigenen Führungsstil zu entwickeln bzw. zu verfeinern?

Ideal wäre es, sich außerhalb der „Echtsituation“ Feedback zu holen, etwa in einer Führungssimulation. Dabei werden, gemeinsam mit anderen Personen und professionellen Trainern, Situationen aus dem Arbeitsalltag nachgespielt.

Diese Möglichkeit haben nicht alle: Manchmal muss eine Führungsposition sehr schnell nachbesetzt werden. Hier wäre es gut, so ein Training innerhalb eines halben Jahres nachzuholen.

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Stellen müssen oft schnell, ohne lange Einschulung nachbesetzt werden.

Außerdem ist es wichtig, sich viel Feedback einzuholen, damit man auch selbst für sich entdeckt: Braucht man mehr Struktur – oder lieber eine längere Leine? Braucht das Team mehr Kommunikation – soll diese eher schriftlich oder doch lieber persönlich sein?

So kann man sich viel besser auf die individuellen Bedürfnisse und Stärken der Mitarbeitenden einstellen.

Ein großes Thema für Neulinge in der Vorgesetztenposition ist auch das Mitarbeitergespräch. Was sollte man hier beachten?

Mitarbeitergespräche sind je nach Unternehmenskultur unterschiedlich.

Es gibt sehr große Unternehmen, die sehr strikte Vorgaben haben. Dort gibt es dann fertige Fragebögen, die auf eine bestimmte Art und Weise abgearbeitet werden und teilweise sogar halbjährlich ausgefüllt werden müssen.

Dann gibt es Firmen, die das Mitarbeitergespräch gar nicht oder nur halbherzig machen, á la „dann füllen wir den Bogen eben aus“.

Das MAG kann ein total tolles Instrument für Führungskräfte sein, um in die Mitarbeiterbeziehung und -entwicklung Zeit zu investieren.

Um herauszufinden, wie es im eigenen Unternehmen läuft, sollte man sich gut von der eigenen HR Abteilung beraten lassen.

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Wo Führungskräfte natürlich Gestaltungsfreiraum haben, ist die Zeit, die man sich für das MAG nimmt, sowie der Rahmen, den man wählt. Die Struktur und der Prozess hingegen werden sehr häufig vorgegeben.

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Was sollte für Führungskräfte ein Ziel beim Mitarbeitergespräch sein?

Meiner Meinung nach sollte man sich selbst fragen: Habe ich überhaupt Weiterentwicklungsmöglichkeiten für meine Mitarbeitenden? In den heutigen, sehr volatilen Märkten weiß ich oft überhaupt nicht, wie es mit dem eigenen Betrieb weitergeht. Hier gibt es sehr viele Ängste und Unsicherheiten.

Ein Mitarbeitergespräch bietet die Möglichkeit, Klartext zu sprechen. Als Führungskraft sollte man ehrlich sein – aber ohne Angst zu machen, alles andere merken die Mitarbeitenden dann über kurz oder lang und sie verlieren an Glaubwürdigkeit.

Man hört immer wieder von modernen Führungsstilen und New Work. Welchen neuen Situationen muss man sich als Vorgesetzter stellen?

In den letzten Jahren hat sich einiges geändert, was Führungsstile betrifft. Wenn man sich also mit der Frage nach der Führungsverantwortung auseinandersetzt, dann ist es wichtig, sich die unterschiedlichen Systeme anzusehen und zu überlegen, wo man selbst von der Persönlichkeit und vom Führungsverständnis her hineinpasst:

Passe ich eher in eine stark hierarchische oder in eine flache Organisation – oder habe ich mit meinem Menschen- und Führungsbild eher Erfolg in einer Zellstruktur oder gar in der Selbstorganisation?

In sogenannten Zellstrukturen wird Führungsverantwortung geteilt: Mal arbeite ich an einem Thema und treibe dieses voran – dann tut dies einer meiner Kollegen. Diese Firmen brauchen natürlich Leute, die Verantwortung übernehmen wollen – und diese auch wieder abgeben können, denn:

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Ein Betrieb, der zur Gänze aus Alphamännchen und -weibchen besteht, kann auch nicht funktionieren.

Aber eines ist klar: Niemand kann sich heute sicher sein, dass sein Betrieb nicht übermorgen von links und rechts überholt wird.

Da braucht’s neue, agile Strukturen, man muss schneller und flexibler auf Kundenwünsche, Marktveränderungen oder technische Neuerungen reagieren – und damit ziehen seit einiger Zeit schon neue Arbeitsformen und -bedingungen in unsere Arbeitswelten ein.

Inwiefern beeinflussen diese neuen Trends etwa die Rekrutierung von Fachkräften?

Stark hierarchische Unternehmen sind für einen gewissen Arbeitsmarkt nicht attraktiv. Denn: Viele junge Leute sind nicht mehr daran interessiert, unter einem „Command and Control“ System zu funktionieren. Sie wollen sich einbringen, mitreden und mitgestalten. In diesen alten Strukturen geht das einfach nicht.

Führungskräfte müssen sich deshalb der Herausforderung stellen, loszulassen und Vertrauen zu haben in den Nachwuchs!

Führungsstile, vom Mitarbeiter zur Führungskraft, Führungskraft, Seminar, Führungsstile, Kollegen, Vorgesetzten, Autorität, Holokratie, MitarbeitergesprächeWir Menschen lernen durch Zusehen und Nachahmen: Wir brauchen Mentoren und Vorbilder. Das Problem ist: Es gibt in den Firmen ganz wenige Vorbilder für diese neuen Führungsstile, von denen man sich etwas abschauen könnte.

Das heißt: Neue Führungskräfte müssen das Rad teilweise neu erfinden.

Man muss experimentieren – das ist notwendig, aber mühsam. Es ist eine Herausforderung, jeden Tag aufs Neue zu entscheiden, wie man weitermacht. Es ist bei weitem nicht mehr so simpel, wie es früher war.

Gibt es zu dem Thema Literatur, Tagungen oder öffentliche Vorbilder, von denen man sich inspirieren lassen kann?

Mittlerweile gibt es sehr empfehlenswerte Literatur zu dem Thema, etwa „Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit“ von Frédéric Laloux aus dem Jahr 2014, Vahlen Verlag.

Das Buch hat viele neue Führungsstile inspiriert, unter anderem die Holokratie-Bewegung.

Die Holokratie ist aus der Soziokratie entstanden. In dieser werden die bestehenden Hierarchien abgeschafft und durch Kreise ersetzt, in denen die Belegschaft demokratisch wählt, wer in den nächsten Kreis – quasi als Delegierter – aufsteigt. Die Soziokratie ist also wieder eine hierarchische Struktur, wenn auch auf demokratischer Basis.

 vom Mitarbeiter zur Führungskraft, Führungskraft, Seminar, Führungsstile, Kollegen, Vorgesetzten, Autorität, Holokratie, MitarbeitergesprächeDie Holokratie hat das noch einmal angepasst. Die Struktur hat eine stark reglementierte Verfassung, die alle unterschreiben müssen, die in dem Betrieb arbeiten, und die alle mittragen müssen.

In Österreich gibt es eine große Szene, die sich mit New Work Themen beschäftigt. Unter anderem gibt es folgende Veranstaltungen:

Smart Afternoon von DNA (Das Neue Arbeiten), Wien

Freiräume, Graz

Wiener Leadership Kongress sowie Leadership Breakfast & Leadership Nights, Wien

Dort beschäftigt man sich mit Pionierunternehmen, die schon Erfahrungen gesammelt haben und dann davon berichten.

Oft erlebt man, dass Betriebe zu solchen Veranstaltungen kommen und sagen: „Wir sind gescheitert; es hat nicht funktioniert.“ Diese Fehlerkultur ist aber notwendig, damit wir voneinander lernen und uns verbessern können.

Wir kehren nicht mehr zurück zu „Command and Control“ – wenn ich heute als Unternehmen bestehen möchte, muss ich schneller und flexibler werden.

Was würden Sie, als Führungstrainerin, neuen Führungskräften, und deren Vorgesetzten, mit auf den Weg geben?

Ich kann nur ein Plädoyer dafür aussprechen, Führungskräfte zu trainieren und zu begleiten. Vor allem auch, diese nicht alleine in der veränderten Situation zu lassen und ihnen Sicherheit und Rückhalt zu geben.

Ganz wichtig sind meiner Meinung nach Mentoring- und Coachingprogramme sowie Führungssimulationen. Solche Labore dienen dazu, Dinge auszuprobieren – und auch zu scheitern. Damit so etwas dann in der realen Arbeitswelt nicht passiert.

Susanna Weilke, Führungskräftetrainerin, Führungskräfteseminar, vom Mitarbeiter zur Führungskraft, Führungskraft, Seminar, Führungsstile, Kollegen, Vorgesetzten, Autorität, Holokratie, MitarbeitergesprächeSusanna Weilke ist als selbstständige Trainerin in Österreich, Deutschland und der Schweiz tätig.

Ihre Themenschwerpunkte liegen in den Bereichen Führung, Kompetenz- und Teamentwicklung sowie Didaktik und Kommunikation.

Ihre Lieblingsseminare sind Führungssimulationen für hierarchische sowie agile Organisationen sowie Teamentwicklung und -training. Sie ist Trainerin für die Entwicklung didaktischer, kommunikativer und persönlicher Kompetenzen und arbeitet mit Persönlichkeits- und Potentialanalysen.

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